Aschersleber übernehmen nun Frauenhaus in Merseburg

Merseburg – „Ein Frauenschutzhaus stand schon länger auf der Agenda des BBRZ, doch es bot sich nie die Gelegenheit“, sagt Michael Kogel. Er führt zusammen mit Christine Hösch den Ascherslebener Verein Berufliches Bildungs- und Rehabilitationszentrum. Der konnte nun sein Ziel verwirklichen und betreibt seit Monatsbeginn das Frauenschutzhaus in Merseburg.

Die Gelegenheit dazu bot sich, weil der bisherige Betreiber, die Lebenshilfe, im Frühjahr überraschend kündigte. Geschäftsführer Andreas Krack begründete das mit fehlender Wirtschaftlichkeit. Der Kreis begab sich daraufhin mit Vertretern der Stadt Merseburg auf Nachfolgersuche.

Bedarf ist groß: Frauenhaus in Merseburg ist nahezu belegt

Über ein Punktesystem wurden die drei Interessenten in eine Reihenfolge gebracht. Ganz oben stand am Ende das BBRZ, ein im Saalekreis bisher unbekannter Akteur. Der weltliche Verein mit Standorten in Sangerhausen, Aschersleben und Staßfurt kümmert sich vor allem um die Ausbildung und Weiterqualifikation von Kindern, Jugendlichen sowie sozial Benachteiligten. Neben einer Grundschule betreibt er auch ein Flüchtlingsheim und eine Unterkunft für unbegleitete minderjährige Ausländer.

„Es geht bei uns immer um die Arbeit mit sozial Benachteiligten“, erklärt Hösch. In dieses Schema passen Frauen und ihre Kinder, die sich vor Gewalt und Bedrohung durch ihre Partner ins Frauenhaus flüchten. Der Bedarf ist offenbar groß. Das Haus ist nahezu belegt, sagt die Geschäftsführerin. Derzeit hält sie die Kapazitäten für ausreichend. Ob künftig Erweiterungsbedarf besteht, könne sie nach einer Woche Betrieb noch nicht sagen.

Trotz Übernahme durch Ascherslebener: Finanzierung ist noch nicht geklärt

Der Saalekreis, so erklärte die für die Betreibersuche zuständige Sozialplanerin Sabine Keller im jüngsten Sozialausschuss, habe als Kriterium acht Plätze plus eine ambulante Beratungsstelle ausgegeben – und die Übernahme der drei bisherigen Mitarbeiterinnen. Die ist laut Hösch erfolgt und für das BBRZ ein Glücksfall: „Das Frauenschutzhaus in Merseburg ist etabliert und befand sich in laufendem Betrieb“, hebt sie die Vorteile für den neuen Träger hervor.

Der muss, wie sein Vorgänger, dass Problem der Finanzierung lösen. Kreis und Stadt geben derzeit jeweils 12.500 Euro im Jahr, das Landesverwaltungsamt zuletzt knapp 108.000 Euro. Zehn Prozent soll der Träger leisten. „Es ist tatsächlich schwer“, sagt Hösch mit Blick auf die Finanzen. „Wir haben aber einen Finanzplan aufgestellt und sind zuversichtlich, dass es machbar ist.“

BBRZ habe eine Deckungslücke von 5.800 Euro

Der Kreis zeigt derweil Bereitschaft, mehr Geld zu geben: Wie Kellner im Sozialausschuss erklärte, hätten Gespräche mit allen Anbietern gezeigt, dass die bisherigen 12.500 Euro nicht reichten. Das BBRZ habe eine Deckungslücke von 5.800 Euro. Die solle nun aus ungenutzten Mitteln der Behindertenfahrpauschale geschlossen werden.

Wie man mit künftigen Lücken umgehe, müsse man Jahr für Jahr vom Haushalt abhängig machen. Um den ist es bekanntermaßen im Kreis nicht mehr rosig bestellt. Den schutzsuchenden Frauen dürfte dieses Problem egal sein. Ihnen verspricht Hösch: „Es geht uns darum, fachlich gute Arbeit zu leisten, den Frauen und Kindern zu helfen.“ (mz)

– Quelle: https://www.mz-web.de/merseburg/36990528 © 2020