Youthpoint - Sozialarbeit für die schwersten Fälle

YOUthPoint Staßfurt Eröffnung
Foto: Franziska Richter

In Staßfurt sind ab sofort Sozialarbeiter und Sozialpädagogen vor Ort, die sich schwer erreichbaren Jugendlichen annehmen wollen.

„Es geht um alle Fälle, wo alle anderen Maßnahmen bisher gescheitert sind“, sagt Skadi Lückerath, Mitarbeiterin des Salzlandkreises, am Freitagvormittag. Dann wurde nämlich in der Steinstraße 45 die Eröffnung des neuen Anlaufpunktes der Jugendhilfe namens „YouthPoint“ gefeiert.

Das Projekt wird von offizieller Seite getragen, Projektpartner sind das Land Sachsen-Anhalt, die Europäische Union mit dem Europäischen Sozialfonds sowie der Salzlandkreis und das Jobcenter.

Kein Zugang mehr

Mit allen anderen Maßnahmen, die gescheitert sind, meint Skadi Lückenrath: Eltern und Familien, die nicht mehr an ihre Kinder herankommen. Ausbilder in Betrieben, Lehrer an Schulen, Mitarbeiter des Jobcenters, Suchtberater oder Betreuer in Jugendclubs, die keinen Zugang zu jungen Menschen mit großen Problemen mehr finden. „Es geht um schwer erreichbare Jugendliche, die vom Sozial- und Leistungssystem abgekoppelt sind oder davon bedroht sind“, erklärt Projektassistent Stefan Kunze. Sprich: Jugendliche bis 25 Jahre, die keine eigene Wohnung haben und bei ihren Freunden auf der Couch schlafen, die wegen Sanktionen nicht einmal mehr Harzt IV bekommen, die ohne eigenes Einkommen bei ihren Eltern leben, die nicht mehr arbeiten oder zu ihrer Ausbildung gehen, die süchtig, straffällig oder auffällig sind.

Die Mitarbeiter sind ab sofort zum einen am Anlaufpunkt in der Steinstraße 45 vor Ort, feste Sprechzeiten werden sie noch festlegen. Zum anderen suchen sie Jugendliche in ihrem Lebensumfeld auf. „Das ist die klassische Streetworker-Tätigkeit“, sagt Stefan Kunze, der mit seinen Kollegen auch draußen unterwegs sein wird. „Wir sprechen Jugendliche auf der Straße an, daher kam uns die Nähe zum Stadtsee als Treffpunkt für viele Jugendliche ganz entgegen“, sagt er und betont, dass sich seine Arbeit immer auf Einzelfälle bezieht.

Bei der Arbeit sind die Sozialpädagogen auch auf die Hinweise ihrer Netzwerkpartner angewiesen: Von Jobcenter, Suchthilfe, Schulderberatung, Behörden, Jugendclubs oder Schulen bekommen die Sozialarbeiter ihre Fälle genannt.

Geöffent für alle

„Gleichzeitig sind wir für alle offen. Wir sind kein Büro, sondern eine offene Anlaufstelle“, betont die Projektleiterin Caroline Grabbel. „Wir treten Jugendlichen offen gegenüber, arbeiten mit Vertrauen, transparent und auf Basis der Freiwilligkeit. Mitbringen müssen sie die Einsicht, etwas ändern zu müssen, und einen gewissen Anstand uns gegenüber.“

Jeder hilfesuchende Jugendliche kann vorbeischauen, genauso wie jeder Erwachsene, der „jemanden im Kopf hat, der Hilfe gebrauchen könnte“, sagt Stefan Kunze. „Bei uns sind Eltern, Großeltern und Familien willkommen, um sich wegen einem jugendlichen Angehörigen beraten zu lassen, der droht abzurutschen.“ Private, Vereinsleute, Lehrer, Betreuer oder Ausbilder können Teilnehmer für das Projekt, das kostenlos für den Betroffenen ist, vermitteln. Die Staßfurter Anlaufstelle versorgt die Bereiche Staßfurt, Egelner Mulde, Hecklingen und wird demnächst auch in die Ortsteile fahren und den Kontakt zu besorgten Eltern suchen.

Im „Youthpoint“ in der Steinstraße finden die Jugendlichen ganz praktische Dinge wie Waschmaschine, Trockner, Küche und eine Sofaecke zum Entspannen vor.

Vertrauen und Bezugsperson

Wichtiger aber sind die Bezugspersonen, die mit ihnen den Weg zurück in die Gesellschaft gehen wollen. Die Anfangsphase, um Vertrauen und eine Beziehung aufzubauen, kann langwierig sein. „Dann schaffen wir Strukturen, zum Beispiel mit Projektarbeit vor Ort“, erklärt Caroline Grabbel. Die intensive Arbeit der Beratung und Begleitung dauert so lange, bis der Jugendliche wieder ins Sozialsystem, in den Arbeitsmarkt oder ins Ausbildungssystem integriert ist und auf eigenen Füßen steht.

Das Projekt über drei Jahre ist neu im Salzlandkreis und von oberster Stelle getragen. Im Rahmen des Landesprogramms „Regionales Übergangsmanagement (Rümsa)“ wird es durch das Sozialministerium Sachsen-Anhalt aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes gefördert und durch das Jobcenter des Kreises kofinanziert. Im Salzlandkreis wurden mit dem Projekt – es gehören drei weitere Anlaufstellen in Schönebeck, Aschersleben und Bernburg dazu – die Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW gGmbH) und das Berufliche Bildungs- und Rehabilitationszentrum BBRZ betraut, bei denen die Mitarbeiter der Anlaufstellen angestellt sind.

Kontakt: E-Mail an stassfurt@youthpoints.de oder telefonisch über Stefan Kunze (0151/ 44 15 90 62).

– Quelle: https://www.volksstimme.de/lokal/staßfurt/sozialarbeit-neuer-stassfurter-hilfsort-fuer-jugendliche © 2018